Wandel, so weit das Auge reicht

Leutschenbach: Ein Quartier mausert sich vom Industriegebiet zum attraktiven Stadtteil. Freiräume und architektonisch hochstehende Bauten sollen das neue Quartierbild prägen.

Geht es nach dem Willen der Stadt Zürich und diverser Grundeigentümer, so wird das Quartier Leutschenbach und mit ihm das angrenzende Opfiker Oberhauserriet in ein paar Jahren kaum mehr wieder zu erkennen sein. Geplant sind neue Gewerbe- und Bürobauten, Towers, Familienwohnungen, Lofts, Schulhäuser, "Pocket"-Parks, Alleen, Strassen, Fuss-, Radwege und Stadtbahnlinien. Nicht zu vergessen das Medienzentrum, das sich aus dem Fernsehstudio, dem tpc und weiteren bisherigen und neuen Informatik- und Kommunikationsunternehmen zusammensetzen wird. Im nahe liegenden Oberhauserriet, dem Gebiet hinter dem heutigen SF DRS-Besucherparkplatz, soll gar ein grosser Park mit einem 300 Meter langen und drei Meter tiefen See entstehen. Der Park wird in fünf Jahren die "Terra 2006" beherbergen, eine Ausstellung zu Natur- und Stadtgestaltung. Später finden darin Festivals, Konzerte oder weitere Ausstellungen statt.

Am Anfang stand eine Vision: die Vision Leutschenbach, gemeinsam entwickelt von Grundbesitzern, der Stadt Zürich sowie beauftragten Planungsteams und FachexpertInnen. Aus dieser Vision leitete sich das "Entwicklungsleitbild Leutschenbach" ab. Seine wichtigsten Ziele: Das ehemalige Industriegebiet Leutschenbach wird ein ansprechender, durchmischter und damit belebter Stadtteil. Freiräume - sprich: punktförmige Grünflächen oder Plätze - und Architektur von hoher Qualität tragen zu einem positiven Image bei.

Dass die Stadt gerade in die Region Zürich Nord einschliesslich Leutschenbach investiert, liegt auf der Hand: Das Quartier wächst seit Jahren kontinuierlich. Namhafte Institutionen wie die SRG SSR idée suisse mit ihren Fernsehstudios und das World Trade Center WTC sind hier bereits angesiedelt. Der Stadtteil profitiert von der Nähe zum Flughafen und ist verkehrstechnisch hervorragend erschlossen. Kommt dazu, dass etwa die Hälfte des Leutschenbacher Grunds und Bodens der Stadt gehört. Heute arbeiten an die 6'000 Personen im Gebiet. Nun sollen nochmals 11'000 Arbeitsplätze und neuer Wohnraum für bis zu 3'000 Menschen entstehen. Die rechtliche Grundlage für die geplanten Bauvorhaben liefert die neue Bau- und Zonenordnung (BZO), die im Sommer 2000 in Kraft getreten ist.

Wird alles, was im Entwicklungskonzept vorgesehen ist, umgesetzt, kostet das mehrere hundert Millionen Franken. Allein die Kosten für den Landerwerb und die Gestaltung des öffentlichen Grunds wie kleine Pärke, Plätze, Strassenräume belaufen sich auf 88 Millionen. Hinzu kommen jährliche Unterhaltskosten von ca. 20 Millionen. Die Stadt kann hier aber auf die meisten Grundbesitzer zählen. Sie beteiligen sich finanziell an den Infrastrukturmassnahmen, die notabene ja das Gebiet aufwerten. "Public Private Partnership" nennt sich dieses neue Finanzierungsmodell. Wie viele hundert Millionen die diversen Bauherrschaften schliesslich in neue Gebäude und Wohnungen investieren werden, ist derzeit nicht kalkulierbar.

Zur Quartieraufwertung bei trägt auch der geplante Ausbau der Glattalbahn. Geplant ist, die so genannte Stadtbahn in zwei Etappen zu realisieren: In einer ersten wird die Strecke vom Flughafen bis zum Bahnhof Oerlikon vernetzt (Linie A). Gleichzeitig wird der Bahnhof Oerlikon mit dem Fernsehstudio verbunden (Linie B). Die Bahn fährt zur Hauptverkehrszeit im 7,5-Minuten-Takt, in den Randzeiten im 15-Minuten-Takt. Ab 2005 werden demnach die oft hoffnungslos überfüllten Busse zum Fernsehstudio der Vergangenheit angehören! Die zweite Bauetappe bringt nochmals eine neue Linie hervor: Bahnhof Stettbach-
Wallisellen-Flughafen (Linie C). Diese soll voraussichtlich 2008 in Betrieb genommen werden.

Die SRG SSR idée suisse hat das Konzept des neuen Quartiers massgeblich mitgestaltet. Paul Zutter, Leiter Immobilien- und Baumanagement, verfolgt die Entwicklung im Leutschenbach und im Oberhauserriet seit über zwanzig Jahren. Er war es auch, der verschiedene Erweiterungsmöglichkeiten in Bezug auf SF DRS, das tpc und die SRG SSR media services geprüft hat. Das Resultat: Heute stehen der SRG für die Planung weiterer Bauvorhaben zwei Möglichkeiten offen: je eine Ausweitung gegen Süden und Westen. Die SRG klärt derzeit ab, ob sie all die Abteilungen und Dienste, die sich in extern gemieteten Räumlichkeiten befinden, in einem neu zu bauenden Mehrzweckgebäude unterbringen will. SRG-intern wird zudem auch berücksichtigt, dass das tpc in Sachen Studio weitere Raumansprüche stellen könnte.

Neues, lebendiges Leutschenbach: Geplant ist bereits ausführlich, jetzt laufen Ideenwettbewerbe und Studien über Nutzungsmöglichkeiten. Bleibt nur noch die schlagende Lösung der Parkplatzmisere. Obwohl die EntwicklerInnen vorwiegend auf den öffentlichen Verkehr setzen, werden sie nicht umhin kommen, eine ausreichende Anzahl von Parkplätzen zur Verfügung zu stellen. Zumal mit dem Bau der Stadtbahn ab 2003 und der geplanten Öffnung der Fernsehstrasse gegen 500 von SF DRS und tpc genutzte Parkplätze verschwinden werden. Aber auch diesem Problem trägt der Quartierplan Rechnung: Er sieht vor, südlich oder westlich des Fernsehareals ein Parkhaus zu erstellen.

Text: Brigitte Maurer
Fotos: Oscar Alessio