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Fremde Faszination |
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"Du musst alles vergessen, was du über Sprachen weisst. Sonst hast du keine Chance, Japanisch zu lernen", rät Nik Kühne. Weshalb? "Die Japaner besitzen einen total anderen Satzaufbau, eine völlig konträre Sprachdenkweise." Der Mann weiss, wovon er spricht: Als einer der wenigen, der nicht in Japan lebt, hat er vor Jahren den 3. Level des japanischen Proficiency geschafft. 1500 gesprochene Wörter, 300 Kanji (Schriftzeichen) attestiert ihm das Sprachdiplom. Japanisch gilt für Westliche als extrem schwierig. Drei Schriftsysteme umfasst die Sprache: das traditionell japanische, das vom Chinesischen stammende und das moderne für Fremdwörter. Im Alltag wird jeweils kräftig gemixt. Wie - um alles in der Welt - kommt ein Schweizer auf die Idee, Japanisch zu lernen? "Japan hat mich von Anfang an fasziniert. Alles war so fremd, das Denken schlicht unverständlich. Ich wollte die Leute da einfach besser verstehen." In Kontakt mit dem Land kam Nik Kühne beruflich. Er managte den Einkauf einer Firma, die mit Unterhaltungselektronik handelte. Dadurch reist er ab 1984 viel in den Fernen Osten. Bei der Zusammenarbeit mit japanischen Firmen kam es immer wieder zu grundlegenden Missverständnissen. Damit kämpften auch seine Kollegen: "Ein japanisches Ja bedeutet nicht dasselbe wie unser Ja. Ein Ja heisst dort beispielsweise: "Okay, ich hab verstanden". Es heisst aber noch lange nicht: "Ja, die Ware wird dann geliefert"." Um Kultur und Mentalität zu erforschen, flog Nik Kühne 1992 erstmals privat für einen dreimonatigen Sprachaufenthalt nach Japan. Übrigens geradewegs von Guatemala aus, wo er zuvor vier Monate Spanisch lernte ... Seiner Gastfamilie konnte er damals knapp "guten Abend" sagen. Man behalf sich mit Händen und Füssen, missverstand sich laufend, bis ein rettender Übersetzer auftauchte. Später folgten weitere Sprachkurse. Insgesamt hat er das Land über dreissigmal besucht. Nebst Japanisch spricht Nik Kühne auch fliessend Englisch, Französisch, Italienisch und Spanisch. Ein Sprachgenie? Seine bescheidene Antwort: "Ich hab ein Flair für Sprachen, bin neugierig und schaue gern hinter die Fassade von Menschen." Text: Brigitte Maurer Foto: Oscar Alessio SF DRS | |||||