Nichts scheint unmöglich

Individuelle Dekors und Einzelanfertigungen, ein umfassender Fundus und ein enorm breites Berufsspektrum auf der einen, permanentes Kostensenken auf der andern Seite: Die tpc-Ausstattung versucht den Spagat.

Alles neu macht die Ausstattung des tpc. Zum Beispiel das Dekor für das nächste «Benissimo» anfangs März: Der Studioteil wird nicht mehr zu erkennen sein, und sogar die Ziehungsmaschine wird in neuem Design erstrahlen. Selbstverständlich wird auch das «Benissimo- Ballett» ein neues Outfit – made by tpc – präsentieren.

Stets mehrere Seiten umfasst die Auftragsliste der Ausstattung. Darauf zu finden sind anfangs 2004 diverse Projekte für den Hauptkunden SF DRS, so ein neues Dekor für die Abstimmungssendungen, welches sich ans Layout der «Eidgenössischen Wahlen 2003» anlehnt. Oder die optische Gestaltung der neuen SF-DRS-Kultursendung, Nachfolgerin von «B.Magazin». Gehalten ist sie ganz in Weiss, mit einem aussergewöhnlichen Lichtkonzept. Beim Dekorbau hielt sich das tpc exakt an das vorgegebene Erscheinungsbild von SF DRS.

Dass man beim tpc alles aus einer Hand kriegt, schätzen auch Dritte: Nebst dem Bau von Bühnenbildern, für welche das tpc schweizweit eine einzigartige Infrastruktur und Know-how besitzt, werden viele andere Dienstleistungen in Anspruch genommen. So beauftragen unterschiedlichste Kunden das tpc mit dem Ausstatten von Spielfilmen, dem Herstellen von individuellen Designmöbeln, dem Innenausbau eines Theaters, Kinos oder Dutyfreeshops, mit der Dekoration eines Restaurants oder Shoppingcenters etc.

Wo neue Ideen gefragt sind, ist die Ausstattung in ihrem Element. «Egal ob nur vage Vorstellung oder fixe Idee: Wir gehen auf alle Wünsche ein, versuchen sie bestmöglich in die Tat umzusetzen », sagt Samuel Siegrist, tpc-Leiter Ausstattung. Das tpc baut also bei jedem Auftrag einen Prototypen. Das heisst, es beginnt immer bei null. Denn keine TVSendung, kein Dekor existiert doppelt. Und weil die Problemstellung jeweils ganz unterschiedlich ist, wächst das Know-how der Profis stets. Gerade weil auf ausgefallene Wünsche eingegangen wird, sehen die Verantwortlichen, was wie machbar ist und zu welchem Preis.

Apropos Preis: Einzelstücke herzustellen hat seinen Preis. Trotzdem verdient das tpc mit der Ausstattung kaum etwas. Aufgrund der hohen Raummiete ist der Dekorfundus zum Beispiel nur knapp kostendeckend. Warum leistet es sich dennoch eine Ausstattung? Samuel Siegrist: «Ein TVProduktionsunternehmen wie das unsrige muss zwingend eine Ausstattung unterhalten. Wo sonst sollen Studiound Aussenproduktion all die Leistungen kurzfristig einkaufen, die wir bieten? Für jeden Handgriff, für Schreiner-, Schlosser-, Malerarbeiten etc. müsste man pausenlos woanders hinrennen.» Und dies käme sicher nicht kostengünstiger. Es würde wohl eher alles viel komplexer. In den anderen Geschäftsbereichen müssten Leute eingestellt werden, die disponieren. Die Ausstattung versteht diesen Umstand allerdings nicht als Freibrief für ihre Ausgaben. Im Gegenteil: Neue Kunden akquirieren, Abläufe verbessern und konkret beim Aufwand sparen sind seit Jahren zentrale Themen.

Oft wird das tpc auch als Produktionspartner für komplexe Aufträge gewählt, weil es so vielseitig ist und über enorm viel Wissen und Erfahrung in jedem einzelnen Fachbereich verfügt. Total siebzig Mitarbeitende wirken in neun Fachbereichen der Ausstattung. Das ergibt ein ungemein breites Berufsspektrum. Samuel Siegrist sieht die Führung einer solch heterogenen Abteilung als grosse Herausforderung: «Rein von ihrer Persönlichkeit her sind dies schon ganz unterschiedliche Menschen. Nichtsdestotrotz arbeiten wir bereichsübergreifend, tauschen gar die Leute untereinander aus. Denn nur ein echtes Team kann erfolgreich sein.»

Zum Kader dieses Multi- Profi-Teams zählen diejenigen, welche Projektleitung, Design-Beratung, Entwürfe, 2D-Pläne, 3D-Modelle und Lichtdesign verantworten. Multifunktional einsetzbar sind die Bühnentechniker. Mit 22 Personen bilden sie den grössten Fachbereich. Sie sind zuständig für alle Auf- und Abbauten im Studio sowie extern bei Filmen, Sportanlässen, Messen …

In der Schreinerei werden Kulissen- und Dekors gebaut, entstehen individuelle Messestände usw. Dabei arbeiten die Schreiner häufig nach sehr rudimentären Vorgaben. Sie erhalten oft nur optische Skizzen, der Rest liegt bei ihnen. So sind sie auch zuständig für die Bemusterung des Materials und wählen anhand der Kamera-Testresultate dessen Beschaffenheit.

Die Tour d’Horizon der Berufe führt weiter in die Malerei, wo nicht nur klassische Bühnenbilder bemalt werden, sondern wo auch gedruckt und beschriftet wird und wo 3D-Elemente in allen Grössen gestaltet werden. Man erinnere sich an die 365 «Expo-Äpfel»: Die tpc-Maler waren es, welche Apfel, Stiel und Fliege getreu wissenschaftlicher Vorlagen formten. Aber auch die Riesen- Skibrille, Werbeträger für «Carlsberg» an der Ski-WM 2003, sowie ein überdimensioniertes Auge für eine Augenklinik zählen zu den vielen Referenzen der Malerei.

Im Déco-Atelier, der ehemaligen Tapeziererei, verarbeitet man Stoffe, Leder, Vorhänge und Bodenbeläge, führt Polsterarbeiten durch. Der Bereich Requisiten berät und beschafft Gegenstände für TV-Sendungen sowie für Spielfilme etc. Und im Dekorfundus lagern auf einer grossen Fläche Tausende Requisiten, von riesigen Dekors bis zu kleinsten Teelöffelchen. Über zehntausend Artikel finden sich da insgesamt. Aus ihnen werden für Fernsehen, Film, Theater und Eventfirmen sagenhafte Wesen und lebendige Welten geschaffen.

Wer kennt sie nicht, all die Figuren aus «Viktors Spätprogramm »? Die Maske verwandelt Menschen vom Scheitel bis zur Sohle, schminkt und frisiert täglich TV-Moderatoren. Kostümdesign, Herstellung und Styling bietet der Bereich Kostüme an. Selbstverständlich gibt’s auch einen Verleih. Und: Die Kostümbildnerinnen begeben sich nicht selten zusammen mit den Moderatorinnen auf Shoppingtour. Auf Wunsch werden auch spezielle Kleider genäht.

Diese neun Bereiche machen die tpc-Ausstattung aus. Eine wahrlich bunte Abteilung! Und eine motivierte: Die kürzlich durchgeführte Mitarbeiterbefragung zeigte, dass die Leistungsbereitschaft in der Ausstattung sehr hoch ist, trotz immer neuer Sparrunden.

Text: Brigitte Maurer
Fotos: Merly Knoerle
SF DRS